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Jonny


Liebe Ridgeback-Freunde,
heute möchte ich Euch die Geschichte von "Jonny" ausführlich schildern:

"RR-Rüde, geb. 06.03.99 Lieber Rüde, der an Kinder gewöhnt ist, muss leider aus Zeitmangel abgegeben werden. Bei Interesse..."

Kein Bild, nichts weiter. Diese Zeilen las ich am Montag, den 14. Mai 2001
gegen 8 Uhr morgens in den Seiten "Ridgeback in Not". Wie ich später hörte,
war diese Anzeige ganz "frisch". Man war am anderen Ende der Leitung überrascht, daß so schnell ein Anruf meinerseits erfolgte, aber wir hatten sofort eine Wellenlänge. (Im Übrigen pflege ich noch heute den Kontakt zu den Vorbesitzern.) Was ich bei diesem Gespräch hörte, gefiel mir, und wir machten einen Termin sowie einen Treffpunkt für den nächsten Samstag aus. Nun musste ich nur noch meinem Mann beibringen, dass es sein könnte, dass wir an den nächsten RR-Spaziergängen, die wir Monat für Monat mitmachten, nun evtl. wohl zukünftig in Begleitung UNSERES RR teilnehmen würden.

In dieser Woche wurden zig Gespräche geführt, alle RR-Bücher nochmals
gewälzt und das RR-Video sehr strapaziert. Dann war der große Tag da. Wir fuhren - ich aufgeregt wie nur was, mein Mann gelassen - nach Düsseldorf zum ausgemachten Treffpunkt. Da war er, heute UNSER Jonny, mit seinem Frauchen. Wir gingen zusammen spazieren um uns ein Bild von dem Verhalten des Hundes machen zu können. Er gefiel uns nicht nur optisch, sondern auch von seinem Wesen her. Eigentlich wollten wir ihn erst 3 bis 4 Wochen später "übernehmen", weil unser Finca-Urlaub auf Mallorca kurz bevor stand, aber die Aussicht darauf, daß Jonny zu den 6 Wochen, die er bereits in einer Tierpension "saß", noch weitere Wochen "absitzen" müsste, veranlasste uns zu dem Entschluss ihn sofort mitzunehmen. Dies hatte Tränen auf der einen und Verwirrung auf der anderen Seite zur Folge.

Seither hat sich in unserem Leben einiges grundlegend geändert. Um nur einige Beispiele zu nennen: Der Mallorca-Urlaub wich einem Urlaub an der Nordsee in "hundetauglicher" Unterbringung, der Twingo wich einem Volvo Kombi und der Ganztagsjob des neuen Frauchens wich einem Halbtagsjob.

Nach ca. 3 - 4 Monaten bei uns wurde Jonny dann sehr selbstbewusst und dominant und seine alte Eigenart an der Leine anderen Hunden gegenüber sehr aggressiv zu reagieren, lebte wieder auf. Ich war als absolute "Newcommerin" bald mit diesem knapp 50 Kg schweren Rüden überfordert. Immer mehr diktierte Angst meinen Tagesablauf mit dem Hund. Nicht etwa Angst vor ihm, oder daß er aggressiv gegenüber anderen Menschen gewesen wäre, aber Angst davor, daß er anderen Hunden "an den Hals ging". Viele solcher Situationen haben uns zu Einzelgängern gemacht. Ich war und bin die ganze Woche mit dem Hund allein und wurde immer einfallsreicher was die Spaziergänge anging ohne unbedingt auf andere Hunde treffen zu müssen. Vor einem halben Jahr dann war es so weit. Ich war am Ende mit meinen Nerven, es flossen sehr viele Tränen, und mein Mann meinte, dass es dann wohl so nicht mehr ginge, und wir - obwohl uns der Jonny mächtig ans Herz gewachsen war - uns von dem Hund wieder trennen müssten. An diesem Punkt
erwachte mein Kampfgeist.

Ich suchte mir eine wirklich hervorragende Hundeschule und ließ mich weder
von dem hohen Preis, noch von der langen Fahrzeit abschrecken. Heute weiß ich, dass dies die beste Entscheidung war. Jonny und ich, wir haben sehr viel dazugelernt. Seit gut 2 Monaten machen wir jetzt sogar den Gruppen-Unterricht mit und es klappt! Jonnys Verhalten anderen Hunden gegenüber - speziell nicht kastrierten Rüden - wird immer normaler. Von sich aus fängt er keine Rauferei mehr an, geht dem anderen dann lieber aus dem Weg. Wenn er jedoch "angemacht" wird, behauptet er sich, und das ist auch gut so.

Das Zauberwort heißt "Konsequenz" und wir haben es gelernt diese in unserem Alltag umzusetzen. Im nächsten Monat können wir wohl die Begleithundeprüfung ablegen, was uns aber nicht davon abhalten wird, weiterhin zweimal die Woche an dem Unterricht teilzunehmen. Das können wir in unserer Hundeschule nämlich Jonnys Leben lang machen. In jedem Fall haben wir alle Hürden genommen, und ich bin glücklich durchgehalten zu haben. Für diesen Hund hat sich all der
ganze Aufwand gelohnt.

In der nächsten Woche wird Jonny nach Rücksprache mit der behandelnden
Tierärztin und der Hundeschule kastriert. Vor vier Wochen hat er eine Hormonspritze bekommen, diese hat sich nochmals positiv auf sein Sozialverhalten anderen Rüden gegenüber ausgewirkt. Deshalb konnten wir uns zu diesem Entschluss durchringen. Wir wollen ihm nur ermöglichen, dass er mit anderen Hunden zusammentreffen kann, ohne dass wir gleich alle anderen Hundebesitzer gegen uns haben. Er soll ganz normal und so frei, wie es eben in der heutigen "Kampfhundezeit" für einen so stattlichen Hund geht, leben können.

Wir haben uns nun sogar dazu entschlossen, dass im nächsten oder übernächsten Jahr ein RR-Mädchen dazukommt. Weil: Was ist schöner als ein RR? Zwei RR!
Diesmal wird es aber ein Welpe sein, weil wir auch die Zeit, die wir bei Jonny nur von Bildern her kennen, selber erleben möchten.

Last but not least möchte ich allen, die sich überlegen einen RR "aus zweiter Hand" aufzunehmen, Mut zusprechen. Es ist nur so, dass man sich im klaren darüber sein muss, dass es nicht einfach ist, und es wird um so schwieriger, je weniger Erfahrung man mit Hunden dieser Art hat. Es ist aber zu schaffen, wie mein Beispiel zeigt. Sollte man jedoch Zweifel haben, ob ein RR der richtige Hund ist und nicht bereit sein einiges für diesen Hund zu tun, dann sollte man lieber die Finger davon lassen. All das, was in den vielen RR-Büchern steht stimmt, aber es ist Theorie. Die Praxis dazu sieht noch mal ganz anders aus.

Wir haben es geschafft den Hund in unsere Familie als vollwertiges Mitglied
einzubinden, und er ist überall dabei und auch bei unseren Freunden immer gerne gesehen. In diesem Sinne alle guten Wünsche für die RR-Besitzer und die, die es noch werden wollen.

Katy Oltmann aus Krefeld

08. Nobember 2001


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