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Ridgie


Nimmt man einen Hund mit „ungeklärtem Beißvorfall“???

Nachdem ich mit Hunden aufgewachsen bin und wir schon einige „Ferienhunde“ hatten – darunter auch einen Ridgeback – war uns klar: diese Rasse sollte es sein. Auch kein Welpe – nein, ein Secondhand-Hund soll es sein.

Eines Mittwochs stand Ridgie dann auf der Plattform und suchte ganz dringend einen Platz bis Donnerstag. Da wir von zu Hause aus arbeiten und keine Kinder haben, entschlossen wir uns kurzfristig, Frau Linnerth anzurufen. Nach diversen Telefonaten mit ihr und den Besitzern wurde uns Ridgie Donnerstagmorgen mit all seinen Körbchen, Decken, Spielzeug und Maulkorb gebracht.

Der Maulkorb war nicht ganz unangebracht, denn Ridgie kann fremde Menschen überhaupt nicht leiden und hat uns das deutlich gezeigt. Trotzdem haben wir den Maulkorb kurze  Zeit später abgemacht und Ridgie war ganz brav. Allerdings haben wir ihn die erste Zeit nur zum Geschirr anziehen und Pfoten saubermachen angefaßt - es sei denn, er kam von sich aus zum schmusen. Nichts desto Trotz kam es in den ersten Wochen trotz Tiertrainerin und -psychologin zu einigen Schlagabtauschen und ich habe mich nicht nur einmal gefragt, was ich mir wohl dabei gedacht habe und dass wir uns ein "Monster" ins Haus geholt haben. Aber das Verantwortungsbewußtsein siegte dann doch - nur nicht so schnell klein beigeben ...

Wie sieht es jetzt nach knapp 4 Monaten aus? Man kann sich kaum einen schmusigeren Hund vorstellen. Immer bei uns zu sein ist für ihn das größte. Draußen läuft er immer frei, gehorcht aufs Wort, reagiert auf kleine Handzeichen, jagt nicht, ist lieb (zu 99,9%) zu anderen Hunden. Seine größte Waffe: jaulen, jammern und Stirn kraus ziehen bis er seinen Willen bekommt (z.B. ab 20.00 Uhr spätestens mit uns auf dem Sofa zu liegen).

Während ich nach 6 Wochen noch dachte - ok, wir können nie wieder in Urlaub fahren, da meine Eltern, die ihn eigentlich dann nehmen sollten, erstmal verständlicherweise abgewinkt haben ... sind sie jetzt ein Herz und eine Seele. Der Kerl wird dort natürlich auch nach Strich und Faden verwöhnt !

Und trotzdem - einfach ist es nicht mit ihm. Besuch ist immer noch schwierig. Er läßt sich zwar ohne Probleme in sein Körbchen verweisen und bleibt dort auch. Selbst wenn wir ihn dazu lassen und der Besuch ihn ignoriert ist meist alles ok - allerdings kann die Situation relativ schnell kippen und das ist ohne Maulkorb einfach zu gefährlich. Hier muss noch ordentlich trainiert werden! Er geht im Haus immer noch in manche Räume gar nicht und in andere ungern. Aber wir denken, auch das wird sich im Laufe der Zeit bessern. Und obwohl wir u.a. auch wild mit ihm Spielen – umwerfen, festhalten, Spielzeug wegnehmen etc., würde ich meine Hand nicht für ihn ins Feuer legen - es ist und bleibt einfach ein großer Hund und kein Schaf.

Alles in allem würden wir den hübschen Kerl jetzt nie wieder hergeben. Wenn er all sein Spielzeug aus dem Körbchen räumt und uns zum Spielen animieren möchte oder draußen seine "dollen 5 Minuten" bekommt und wie ein wild gewordener Ziegenbock durch die Gegend hüpft, geht einem wirklich das Herz auf.

Herzliche Grüße
Anke & Volker



UPDATE

Nun ist es schon 1 ½ Jahre her, dass Ridgie bei uns eingezogen ist und vielleicht fragt sich der eine oder andere, was aus diesem Hund geworden ist.

Vorab – wir haben ihn noch, er ist topfit und hat sich zu einem tollen Begleiter entwickelt!

Nach reichlich Arbeit, Zeit und viel Geduld können wir heute sagen, dass man den Ridgie von früher nicht wiedererkennt. Das Problem mit fremden Menschen ist ausserhalb des Hauses kein Thema mehr. Wenn er sie kennt werden sie freudig begrüßt – die anderen ignoriert. Fremde Menschen im Haus sind immer noch unbeliebt, werden aber ignoriert und akzeptiert. Allerdings achten wir hier immer noch darauf, dass keine engen Situationen entstehen. Unsicherheiten innerhalb von Gebäuden sind viel besser geworden, aber immer noch vorhanden. Umgestellte Möbelstücke oder Teppiche können durchaus dazu führen, dass er nicht mehr durch einen Raum geht.

Der Ridgie zeigt ansonsten keine Aggressionen oder andere Auffälligkeiten. Zu anderen Hunden ist er in der Regel freundlich, an der Leine kann er allerdings mal frech werden – das ist aber recht selten. Im Freilauf, und das ist bei Ihm zu 90% der Fall, ist alles bestens.
Er hört aufs Wort, achtet sehr auf uns und ist stets bemüht, alles richtig zu machen.
Das schnüffeln im Unterholz oder das Buddeln sind seine großen Leidenschaften.
Wasser mag er auch mittlerweile – früher ist er nur bis zu den Zehen ins Wasser gegangen, heute hüpft er freudig in den See oder Fluss. Schwimmen ist aber leider noch nicht drin!

Sein Jagdtrieb hält sich Gottseidank in Grenzen. Bei Hasen und Rehen er ist dann zwar "auf Sendung“, bleibt aber bei Fuss. Allerdings ist das auch von seiner Tagesform abhängig. An manchen Tagen hoppeln die Kaninchen vor seiner Nase rum und er wackelt noch nicht mal mit dem Ohr.

Er hat viel Kontakt zu anderen Hunden und auch seine feste Ridgeback-Gruppe. Hier geben die Jungs mächtig Gas und toben was das Zeug hält – obwohl es überwiegend  Rüden sind, verstehen die Jungs sich super. Wir finden sein Sozialverhalten sehr bemerkenswert. Obwohl er kastriert ist, haben alle anderen Respekt vor ihm ohne dass  es je einen größeren Schlagabtausch gegeben hätte. Die kleinen Ridgies beschützt er  meist, wenn die anderen zu grob sind.

Man kann wirklich mit guten Gewissen sagen, dass er sich toll entwickelt hat. Wir haben mittlerweile auch Kontakt zur Züchterin und zu Schwestern bekommen, so dass wir mehr  von seinem früheren Leben erfahren haben.

Viele Grüße
Anke, Volker und Ridgie

26.04.2011


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